this post was submitted on 28 Dec 2025
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Frag Feddit
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Das Problem ist, dass diese Selbstorganisation nicht skaliert. In einer kleinen Gruppe kann man sich zusammensetzen, jeder darf seinen Senf dazu geben und die Gruppe findet einen Konsens - oder auch nicht, was dann häufig dazu führt, dass einzelne Leute die Gruppe verlassen und eine andere gründen. Das skaliert aber nicht auf 84 Millionen Bewohner des Landes, da ist es halt undenkbar, dass alle mitreden. Und in der modernen Welt sind die Themen auch so komplex, dass ein Großteil der Menschen sie überhaupt nicht versteht. Ich habe sogar studiert und würde keine begründete Meinung zum Verlauf einer Stromtrasse oder zu irgendwelchen Brückenbauten abgeben wollen.
Muss ich eine begründete Meinung zum Stromtrassenverlauf haben? Oder darf ich das schlicht an Fachleute abgeben?
Das macht dann eben der Energierat, der sich aus entsprechenden Fachleuten zusammensetzt. Selbstorganisation bedeutet nicht, das jeder alles können oder entscheiden muss.
Was würde Dich daran hindern Dich der Meinung von Fachleuten anzuschließen, weil Du ihre Expertise anerkennst?
Dunning & Kruger. Kann ich die Fachkenntnis irgendwelcher Leute beurteilen, wenn ich selbst null Plan habe? Im zweifellsfall nicht. Schon ein Fachrat muss von Fachleuten besetzt werden. Der Witz ist: daran würde sich nichts ändern, trotzdem glauben die Leute selbstverwaltung "skaliert nicht". Die Firmen die heute Stromtrassen planen können das. Nicht der Chef und nicht die Aktionäre, sondern die Ingeneure. Und die machen das dann bitte auch in der Selbstverwaltung. Chef und Aktionäre braucht kein Mensch, Ingeneure schon.
Naja kommt darauf an. Wenn man mit den Menschen spricht und es ihnen erklärt, bekommen selbst Laien einen guten Einblick und können einen fundierten Standpunkt erreichen. Dann kann man dezentral gemeinsam Entscheidungen treffen die auch fundiert sind. Die Frage ist dann jedoch wie man das nach oben skaliert. Dafür gibt es unterschiedliche Ansätze, persönlich bevorzuge ich Räte mit imperativen Mandaten. Aber das ist Geschmackssache.
Ah da ist der Knackpunkt. Die Zentralisierung. Wie kann man dem den Deiner Meinung nach begegnen?
Meiner Meinung mit dezentralen Ansätzen und Zusammenarbeit wo es nötig bzw. sinnvoll ist.
Was heißt dezentral konkret? Wie entscheidest du dezentral über eine Stromtrasse?
Dezentral bedeutet das lokale Entscheidungen auch nur lokal getroffen werden. Über die Entscheidungsfindung mag man sich trefflich streiten, ich bevorzuge ein Konsensverfahren mit Vetorecht, Mehrheitsentscheide nur in Notfällen. Bei größeren Projekten muss man freilich zusammenarbeiten, aber auch dafür gibt es entsprechende Ansätze. Wenn die Notwendigkeit einer Stromtrasse besteht und das den Menschen auch so vermittelt wird, dann werden sie es auch akzeptieren, allerdings nicht wenn man es versucht mit viel Druck gegen den Willen der Menschen durchzusetzen.
Aber ist das nicht genau unser NIMBY-Problem? Dass es natürlich lokal gesehen schlecht sein kann, wenn plötzlich die neuen Strommasten die Aussicht verschlechtern, es national aber total sinnvoll ist, dass wir diese Stromtrasse haben? Oder dass es natürlich doof ist, wenn die neue Hochgeschwindigkeitstrasse durch dein Gemeindegebiet gebaut wird und es noch nicht mal einen Bahnhof geben wird, es aber für zig Millionen Menschen total gut ist, dass sie schneller zwischen ihren Millionenstädten fahren können?